Neue Vorgaben der Immobilienbewertung – Auswirkungen auf die Praxis – kritische Erstbewertung

Fast im Stillen und scheinbar ohne besondere Aufmerksamkeit ist am 1.1.2022 die neue Verordnung für die Ermittlung von Verkehrswerten ImmoWertV, in Kraft getreten. Auf den ersten Blick scheint das neue Regelwerk im Wesentlichen “nur” eine Verdichtung der alten ImmoWertV aus 2010 mit bereits bestehenden Wertermittlungsrichtlinien (z. B. Richtlinie zur Ermittlung des Ertragswertes – EW-RL vom 12.11.2015) oder alten, ergänzenden Regelungen der WertR 2006 zu sein.


Dieser Eindruck wird zusätzlich dadurch bestärkt, dass trotz jahrelanger gesetzgeberischer Vorbereitung die Kostenkennwerte (Normherstellungskosten) 2010 übernommen wurden. Die Ermittlung des Sachwertes erfolgt daher unverändert auf veralteten und wirklichkeitsfremden Baukosten, die mit der Realität nicht in Einklang stehen. Die Sachverständigen sind somit weiterhin gehalten, zunächst einen “falschen” (weil unrealistischen) Wert zu ermitteln und diesen dann nachträglich durch einen sogenannten Sachwertfaktor (wird vom regionalen Gutachterausschuss zur Verfügung gestellt oder muss geschätzt werden) der Marktsituation anzupassen. Hier hat der Gesetzgeber eine gute Chance verpasst. Im Ergebnis werden wir also auch weiterhin mit hohen und oft kritisierten Sachwertfaktoren (als Regulativ) leben müssen.


Aber das ist nicht der entscheidende Punkt!


Bei den Wertermittlungsrichtlinien handelte es sich bisher um bundesministerielle Verwaltungsanwei-sungen, also Ausführungsbestimmungen für die Öffentliche Hand, die aber keine Bindungskraft entfalten. Sie wurden lediglich „allen in der Grundstückswertermittlung Tätigen zur Anwendung empfohlen”.

In die neue ImmoWertV wurden die wesentlichen Grundsätze der bisherigen Richtlinien nun integriert. Sie sind somit verbindlich anzuwenden. Damit soll – stärker als bisher – sichergestellt werden, dass die Ermittlung der Bodenrichtwerte und der sonstigen der für die Wertermittlung erforderlichen Daten bundesweit nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt. Ein einerseits löblicher Ansatz. Andererseits zwingt man die Sachverständigen immer mehr in ein enges verfahrenstechnisches Korsett ohne durchgängig Daten (z.B. unverändert fehlende „Wägungswerte” im Bereich von gewerblich genutzten Bauten) bereit zu stellen.


Der Unterzeichner sieht die Gefahr, dass Gutachten zunehmend nicht mehr nach materiellen Inhalten, sondern vielmehr hinsichtlich der Einhaltung des formalen Rahmens beurteilt werden.


S&M – DIE IMMOSPEZIALISTEN werden diese Entwicklung genau verfolgen und sie im Rahmen unserer Blogs thematisieren. Und natürlich dafür Sorge tragen, dass die für Sie erstellten Immobiliengutachten alle Anforderungen erfüllen.


In einem der nächsten Newsletter werden wir Ihnen die konkreten Änderungen der neuen ImmowertV im Abgleich zu den bisherigen Regelungen und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Gutachtenerstellung vorstellen.


Vielen Dank für ihr Interesse! Es bleibt spannend!


Ihr


Ralf Klein

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